Ausbauziele müssen angehoben werden, damit klimaneutrales Leben und Arbeiten möglich sind
Photovoltaik- und Windenergieanlagen haben im Jahr 2020 im Versorgungsgebiet des Übertragungsnetzbetreibers TransnetBW 7,7 Prozent mehr Strom erzeugt als 2019. Darauf weist die Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg (Plattform EE BW) hin. Das Gebiet ist fast identisch mit Baden-Württemberg, daher geben die Zahlen auch eine verlässliche Aussage über den Anstieg der Solarstrom- und Windenergieerzeugung im Land. Zu verdanken ist der Zuwachs vor allem den günstigen Wetterverhältnissen im vergangenen Jahr mit vielen Sonnenstunden. Auch der Ausbau der Photovoltaikleistung trug zum Ökostromwachstum bei. Hier und besonders bei der Windenergie müsse aber noch deutlich zugelegt werden, sagt Jörg Dürr-Pucher von der Plattform EE BW. Ansonsten würden die Klimaschutzziele 2030 in Baden-Württemberg nicht erreicht. Die neuen Zahlen zur Stromerzeugung stammen aus der Datenplattform Energy-Charts des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE.
Offizielle Zahlen des Umweltministeriums zum Ausbau der Erneuerbaren Energien im Jahr 2020 wird es wahrscheinlich erst in der Jahresmitte 2021 geben. Doch schon jetzt liegen die konkreten Stromerzeugungsdaten vor. Im Gebiet der TransnetBW produzierten Photovoltaikanlagen im vergangenen Jahr 6,24 Terawattstunden (TWh). 2019 waren es noch 5,6 TWh. Windenergieanlagen kamen 2020 zusammen auf eine Erzeugung von 3,13 TWh (2019: 3,1 TWh), so die Datenplattform Energy-Charts. Der Vergleich zwischen dem TransnetBW-Gebiet und dem gesamten Land Baden-Württemberg zeigen übrigens keine merklichen Unterschiede. 2019 erzeugten PV-Anlagen laut Umweltministerium im gesamten Bundesland 5,6 TWh, Windräder 3,1 TWh – die Zahlen sind praktisch identisch.
Grund für den Anstieg der Solarstromerzeugung waren vor allem die überdurchschnittlich vielen Sonnentage im Jahr 2020. Sie sorgten für einen deutlichen Anstieg der Photovoltaik-Stromerzeugung um gut 11 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch mehr Photovoltaikanlagen im Südwesten trugen dazu bei: Der Zubau 2020 lag nach Schätzungen des Solar Cluster Baden-Württemberg bei über 500 Megawatt.
Gutes Wetter und Photovoltaikzubau reichen nicht aus
Trotz der guten Nachrichten: Der Zubau ist deutlich unter den Klimaschutzerfordernissen geblieben. Bei Wasserkraftwerken, Biogas- und Holzenergieanlagen sowie der Geothermie gab es 2020 keinen nennenswerten Ausbau. Vor allem die Windenergie macht Politik und Fachleuten Sorgen. Nach vorläufigen Berechnungen wurden im Südwesten bis Ende Dezember lediglich 16 neue Windenergieanlagen mit einer installierten Gesamtleistung von 47 Megawatt errichtet. Damit Baden-Württemberg in Richtung Pariser Klimaschutzpfad einschwenken kann, sind bis 2030 jedes Jahr je nach Leistungsklasse rund 80 neue Windenergieanlagen nötig. Das entspricht einer Leistung von 325 Megawatt. Bei der Photovoltaik muss jährlich mindestens 1.000 Megawatt Leistung installiert werden – rund doppelt so viel wie 2020 errichtet wurde.
„Ein schneller, massiver Ausbau aller erneuerbaren Energien ist dringend geboten“, mahnt Franz Pöter, Geschäftsführer der Plattform EE BW. Bei den anteilig kleineren Erneuerbaren gelte es noch Potenziale zu heben, etwa bei der Wasserkraft durch Modernisierung alter Anlagen und der energetischen Nutzung bereits bestehender Querverbauungen wie Wehre. Auch bei Biogasanlagen, Holzheizkraftwerken und in der tiefen Geothermie schlummern noch erhebliche Potenziale für die ökologische Strom- und Wärmeerzeugung. „Vorankommen müssen wir vor allem bei den Zugpferden der Erneuerbaren, der Windenergie und der Photovoltaik“, so Pöter. „Die Zeit drängt. Denn was wir pro Jahr nicht ausschöpfen, müssen wir in den nächsten Jahren zusätzlich errichten. Das summiert sich schnell zu Zahlen, die dann kaum noch realisierbar sind. Jedes Jahr, in dem die notwendigen Ausbaumengen nicht erreicht werden, ist für den Klimaschutz ein verlorenes Jahr.“
Die Zahlen 2020 zum Gebiet TransnetBW
Die Zahlen 2019 zum Gebiet TransnetBW
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Foto: Plattform EE BW / Kuhnle & Knödler