Mit der neuen Landesbauordnung Baden-Württemberg wird der Ausbau der Solarenergie deutlich erleichtert.
Neben der Verfahrensfreiheit für PV-Freiflächenanlagen betrifft ein weiterer zentraler Punkt die sogenannten Gestaltungssatzungen. Diese legen oft fest, wie Gebäude aussehen dürfen, zum Beispiel welche Dachform erlaubt ist oder welche Materialien genutzt werden.
Seit dem 28. September 2025 dürfen solche Satzungen weder Photovoltaikanlagen noch andere Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien mehr verhindern oder einschränken.
Das ergibt sich aus dem Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung Baden-Württemberg vom 28. Juni 2025 (Artikel 1 Nummer 42, Landtag Baden-Württemberg, Drucksache 17/8488, Gesetz für das schnellere Bauen).
Was sich ändert
In der neuen Landesbauordnung, § 74 Absatz 1, steht ganz klar:
„Örtliche Bauvorschriften dürfen die Nutzung erneuerbarer Energien nicht verhindern oder einschränken.“
Damit wurde das bisherige Wort „grundsätzlich“ gestrichen.
Früher konnten Gemeinden beispielsweise festlegen, dass Photovoltaikanlagen grundsätzlich zulässig sind, jedoch auf bestimmten Dachseiten oder in bestimmten Farben ausgeschlossen werden. Diese Möglichkeit besteht nun nicht mehr.
Gestaltungsanforderungen dürfen künftig nur noch zulässig sein, wenn sie die Nutzung erneuerbarer Energien zulassen.
Das betrifft nicht nur Gebäude, sondern auch Einfriedungen, also etwa Solarzäune, Lärm- oder Sichtschutzwände.
Sogar in Altstadtsatzungen oder bei kulturhistorisch bedeutsamen Ensembles dürfen Gestaltungsvorgaben künftig nur bestehen bleiben, wenn sie den Einsatz von Photovoltaik oder Solarthermie zulassen.
Was jetzt nicht mehr erlaubt ist
Viele ältere Gestaltungssatzungen enthalten noch Regelungen wie:
• Solaranlagen sind nur auf nicht einsehbaren Dachflächen erlaubt.
• Zur Straße hin dürfen keine Module angebracht werden.
• Solarmodule müssen farblich an die Dachziegel angepasst sein.
Solche Vorschriften sind seit dem 28. September 2025 automatisch unwirksam, wenn sie die Nutzung erneuerbarer Energien verhindern oder wirtschaftlich unzumutbar machen.
Warum das wichtig ist
Der Gesetzgeber möchte sicherstellen, dass Städte und Gemeinden den Ausbau der Solarenergie nicht länger über gestalterische Vorschriften blockieren können.
Alle kommunalen Gestaltungssatzungen müssen deshalb überprüft und angepasst werden.
Wenn eine Regelung Solaranlagen faktisch ausschließt, wird sie automatisch unwirksam.
Ausnahme: Denkmalschutz
Der Denkmalschutz bleibt von der neuen Regelung grundsätzlich unberührt, da er auf einem anderen Gesetz beruht.
Wenn ein Gebäude als Kulturdenkmal eingestuft oder Teil eines geschützten Ensembles ist, entscheidet weiterhin die Denkmalschutzbehörde.
Eine Anlage kann untersagt werden, wenn sie das Erscheinungsbild eines Denkmals erheblich beeinträchtigt (Denkmalschutzgesetz BW, § 8 Absatz 1 Nr. 2).
Allerdings spielt der Klimaschutz auch im Denkmalschutz eine immer wichtigere Rolle.
Gemäß § 2 EEG gelten die Nutzung und der Ausbau erneuerbarer Energien als überragendes öffentliches Interesse und müssen von den Behörden bei Abwägungsentscheidungen besonders berücksichtigt werden.
Das bedeutet: Photovoltaik darf auch an denkmalgeschützten Gebäuden nicht pauschal ausgeschlossen werden.
Es ist immer eine Abwägung im Einzelfall erforderlich, bei der Denkmalschutz und Klimaschutz gleichberechtigt geprüft werden.
Zusammengefasst
Seit Ende September 2025 gilt in Baden-Württemberg:
• Gestaltungssatzungen dürfen die Nutzung von Photovoltaik und Solarthermie nicht mehr verhindern oder einschränken.
• Gemeinden dürfen nur noch Vorgaben machen, die das Ortsbild wahren, ohne Solarenergie zu behindern.
• Auch bei Solarzäunen, Lärmschutz- oder Sichtschutzwänden dürfen keine Einschränkungen bestehen.
• Ältere Vorschriften, die Solaranlagen ausschließen, werden automatisch unwirksam.
• Auch im Denkmalschutz müssen die Interessen des Klimaschutzes künftig stärker berücksichtigt werden.
Damit schafft das Land klare und faire Regeln, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu beschleunigen, auch in historischen Ortskernen und Stadtzentren.
Quellen
Landtag Baden-Württemberg, Drucksache 17/8488 vom 28. Mai 2025, Gesetz für das schnellere Bauen – Änderung der Landesbauordnung für Baden-Württemberg (LBO), https://www.landtag-bw.de/resource/blob/564068/0deaaf17e7155e655f3e48a23ff2581e/17_8488_D.pdf
Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen BW, Handreichung zur LBO-Reform 2025, https://mlw.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-mlw/intern/Dateien/03_Bauen-Wohnen/Baurecht/1_LBO/Handreichung_LBO-Reform_2025barrierefrei.pdf
Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen BW , FAQ zur LBO Reform, https://mlw.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-mlw/intern/Dateien/03_Bauen-Wohnen/Baurecht/1_LBO/2025_08_FAQ_zur_LBO-Reform_2025.pdf
Architektenkammer Baden-Württemberg, Merkblatt 610 zur Landesbauordnung 2025, https://www.akbw.de/fileadmin/download/dokumenten_datenbank/AKBW_Merkblaetter/Baurecht_Planungsrecht/Merkblatt610_LBO2025.pdf