11.06.2025 | Agri-PV: Fertiggestelltes Bürgerenergieprojekt wartet auf EU-beihilferechtliche Genehmigung

Agri-PV-Projekt politisch ausgebremst: Obwohl die EnerGeno ihr Bürgerenergieprojekt in Süd-Brandenburg baulich fertiggestellt hat, steht der Netzanschluss still – wegen ausstehender EU-Genehmigung für das Solarpaket I. Die geplante höhere Vergütung für Agri-PV bleibt aus.

Obwohl das sogenannte Solarpaket I bereits am 16. Mai 2024 in Kraft getreten ist, sind zentrale Regelungen daraus weiterhin nicht wirksam. Der Grund: Die notwendige beihilferechtliche Genehmigung der EU-Kommission steht weiterhin aus. Zahlreiche Änderungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bleiben damit bis auf Weiteres blockiert. So auch das geplante Ausschreibungssegment für besondere Solaranlagen und die erhöhte Vergütung diese Anlagentypen. Derzeit sieht es – zumindest für die EU-Kommission – so aus, dass das BMWE (ehemals: BMWK) seinen Aufgaben bislang nicht nachgekommen ist.

Deutschland habe sich Ende 2022 mit der Genehmigung des EEG 2023 verpflichtet, eine Rückforderungsklausel, auch Contract for Diffference (CfD) genannt, einzuführen, um etwaige Zufallsgewinne zu begrenzen. Grundidee des CfD ist es, den Betreiberinnen von Erzeugungsanlagen einerseits Preissicherheit zu geben. Andererseits sollen bei zu hohen Erträgen Rückzahlungen der Betreibenden erfolgen. Dieser kostenkontrollierende Rückforderungsmechanismus wird als Claw-back bezeichnet.

EEG-Reformen auf Eis gelegt

Vor allem betroffen sind die geplanten Verbesserungen für besondere Solaranlagen wie Agri-PV, Floating-PV und Parkplatz-PV. Diese sollten künftig von höheren Vergütungssätzen sowie einem eigenem Ausschreibungssegment profitieren.

Ein konkretes Beispiel liefert das Agri-PV-Projekt der Bürgerenergiegenossenschaft EnerGeno aus Heilbronn: Eigentlich hätte die Agri-PV-Anlage seit Ende 2024 Strom erzeugen und mit einer 2,5 ct/kWh höheren Vergütung ins Netz einspeisen sollen. Die Bundesnetzagentur kann dies jedoch ohne grünes Licht aus Brüssel nicht umsetzen. Laut § 101 EEG dürfen solche, von EU-Notifizierung abhängigen Änderungen erst nach der offiziellen Genehmigung durch Brüssel umgesetzt werden.

Branche in der Warteschleife

Das Beispiel zeigt: Die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Verzögerungen sind erheblich – insbesondere für Projekte, wie das Agri-PV-Projekt des Solar Cluster Mitglieds EnerGeno, die auf diese Rahmenbedingungen angewiesen sind. „Ohne verbesserte Rahmenbedingungen haben besondere Solaranlagen wie z. B. Agri-PV aufgrund der höheren Investitionskosten im Vergleich zu herkömmlichen PV-Freiflächenanlagen kaum eine Chance auf wirtschaftliche Realisierbarkeit. Das habe die bisherige Bonusregelung im EEG 2023 gezeigt“, erläutert EnerGeno-Vorstand Bühler. Der noch geltende Technologiebonus für hochaufgeständerte Solaranlagen nach § 38b EEG a. F. liegt bei lediglich 0,7 ct/kWh und damit deutlich unter dem in der neuen Fassung des EEG anvisierten Wert von 2,5 ct/kWh. Mit einem solch geringen Technologiebonus machen die Kosten für die hohe Aufständerung die Agri-PV Anlage unwirtschaftlich.

Weiterhin herrscht große Unsicherheit darüber, ob die neuen Regelungen rückwirkend gelten werden. Das Bundeswirtschaftsministerium räumt ein, dass unklar ist, ob Betreiber, die zwischen Mai 2024 und dem Zeitpunkt der EU-Genehmigung ihre Anlagen in Betrieb nehmen, rückwirkend von den erhöhten Fördersätzen profitieren können. Projektträger EnerGeno verschiebt daher den Betriebsstart aus Sorge, 20 Jahre lang mit niedrigeren Vergütungen kalkulieren zu müssen.

Beispiel aus der Praxis: 1 MW Agri-PV-Projekt der EnerGeno in Süd-Brandenburg

Zum Jahreswechsel 2024/25 hatte die EnerGeno ihr Agri-PV-Projekt in Süd-Brandenburg baulich weitestgehend fertiggestellt. Die Anlage mit knapp 1 MWp installierter Leistung steht auf einer landwirtschaftlich genutzten Fläche, die von Rindern beweidet wird. Die Ansaat mit Kleegras erfolgte bereits vor einem Jahr. Inzwischen wird die Fläche von den Tieren zur Beweidung genutzt – der Schatten unter den PV-Modulen verbessert dabei das Tierwohl. Die landwirtschaftliche Nutzung läuft planmäßig – nur der Strom fließt nicht.

Bühler bringt es auf den Punkt: „Wenn wir heute anschließen und morgen kommt die EU-beihilferechtliche Genehmigung, dann haben wir über 20 Jahre hinweg geringere Einnahmen. Wir wissen ja nicht, ob die Änderungen rückwirkend gelten.“

Die Entscheidung, die Anlage vorerst nicht in Betrieb zu nehmen, hat Folgen: Im ersten Halbjahr 2025 hätte die PV-Anlage bereits 465.000 kWh Strom erzeugen können – genug, um rechnerisch ca. 155 Haushalte ein Jahr lang mit Solarstrom zu versorgen.

Auch wirtschaftlich summieren sich die Verluste: Bei einer derzeit möglichen Einspeisevergütung im Rahmen des EEG von knapp 7 ct/kWh, plus Technologiebonus in Höhe von 0,7 ct/kWh entgehen der Genossenschaft, für das erste halbe Jahr 2025 rund 35.000 € Einnahmen. Wäre hingegen der im Solarpaket I vorgesehene Vergütungsbonus von 2,5 ct/kWh bereits gültig gewesen, hätten sogar fast 45.000 € im ersten Halbjahr eingenommen werden können – ein entscheidender Unterschied für ein Bürgerenergieprojekt.

Die Gesamtinvestition für das Agri-PV-Projekt liegt unter 1 Million Euro. Doch mit jedem Monat, den die Anlage keinen Strom einspeist, steigen die Finanzierungskosten: Während die Einnahmen ausbleiben, wächst die Zinsbelastung. Für eine zusätzlich geringere wirtschaftliche Rendite sorgt das Solarspitzengesetz, welches am 25.02.2025 in Kraft getreten ist. Da die Agri-PV-Anlage erst verspätet angeschlossen wird, fällt sie unter die neue Regelung und kann somit beim Auftreten negativer Strompreise direkt abgeregelt werden.

Massive Planungsunsicherheit für Investoren, Landwirte und Kommunen in Deutschland

Weiteren Projektierern geht es ähnlich. Viele Agri-PV-Projekte sind bereits in der Planung, wurden teilweise schon genehmigt, warten aber für den Baubeginn auf die Zusage zur erhöhten Einspeisevergütung. Das Solarpaket I wirkt sich damit nicht, wie erhofft, positiv auf den Agri-PV-Ausbau aus, sondern vielmehr hinderlich. Wäre die Idee einer erhöhten Einspeisevergütung von 2,5 ct/kWh nie auf dem Schreibtisch der EnerGeno gelandet, hätte die Bürgerenergiegenossenschaft das Projekt Agri-PV nach DIN SPEC 91434 anders oder gar nicht angegangen. Die Umsetzung einer solchen Anlage ist nur schwierig wirtschaftlich darstellbar.

Sowohl intern bei der EnerGeno als auch innerhalb der Branche rechnet man für das laufende Jahr nicht mehr mit einer Genehmigung aus Brüssel. „Technisch fertig, politisch blockiert – so sieht die Energiewende bei Agri-PV aktuell aus“, so Bühler, Vorstand der EnerGeno.

Zusatz: 
Wir möchten herausfinden, wie viel Agri-PV-Leistung sich aufgrund der fehlenden EU-beihilferechtlichen Genehmigung und der damit einhergehenden höheren Vergütung in der Warteschlange befindet. Sie sind mit der Planung Ihres Agri-PV-Projekts vorangeschritten und stehen kurz vor der Realisierung? Melden Sie sich gerne bei mir (florian.becher@solarcluster-bw.de) mit Angaben zur installierten Leistung.

Weiterhin gibt es die Möglichkeit zur Besichtigung einer Agri-PV-Anlage im Obstbau am 22.07.2025 in Oberkirch-Nußbach (Agri-Photovoltaik in der Praxis: Chancen für Landwirtschaft und Kommunen - Energieagentur Regio Freiburg) und einer vertikalen Agri-PV-Anlage in Fürfeld im September (genaues Datum wird noch bekanntgegeben).

Medienkontakt
Solar Cluster Baden-Württemberg e.V.

Florian Becher
Tel.: +49 (0) 172 1093 687
E-Mail: florian.becher@solarcluster-bw.de
Internet: www.solarcluster-bw.de

Bild: EnerGeno Heilbronn-Franken eG

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